Du sitzt an einem lauen Sommerabend im Biergarten mit Freunden und lässt den Tag entspannt ausklingen.  Nach so einem Tag hast du nun richtig Hunger und bestellst dir ein Schnitzel mit Pommes, das du dir so richtig schmecken lässt. Du isst, trinkst und lachst mit deinen Freunden. Im Schatten neben dir liegt dein Hund, den du liebevoll streichelst. Das Leben ist schön.

Doch dabei hast du jemanden vergessen. Dein Schnitzel, das du gerade so genüsslich verspeist, musst durch die Hölle gehen, um dort auf deinem Teller zu laden. Es war ein Lebewesen, dessen Leben grausam genommen wurde. Er war ein Individuum: Marley. Seinen Namen hatte er jedoch nie erhalten, denn er war sein Leben lang namenlos geblieben, war ein bloßes Produkt, eine Ware. Dass er ein Lebewesen war, mit Gefühlen und Bedürfnissen, eine Persönlichkeit hatte, das wurde nie akzeptiert.

Marley wird in einer Abferkelbucht geboren. Er erblickt das Licht der Welt auf einem Betonboden. Seine Mutter wurde etwa 115 Tage zuvor künstlich besamt [1]. Dies geschieht ihr etwa zweimal im Jahr. Auch ihre Wehen wurden künstlich eingeleitet. Nach der Geburt ihrer Ferkel hätte sie sich gerne um ihre Neugeborenen gekümmert, denn sie ist ein überaus soziales Wesen und eine fürsorgliche Mutter. Doch die Enge lies all dies kaum zu. Auch Marley hätte gerne die Nähe seiner Mutter gespürt. Einige seiner unnatürlich vielen Geschwister sah er neben sich sterben, denn sie fanden die Zitzen ihrer Mutter nicht aus eigener Kraft.

Marley war noch keine acht Tage auf dieser Welt, da wurde er mit seinen noch lebenden Geschwistern aus der Betonbucht, seiner tristen Kinderstube, entwendet. Es stand ihm die Kastration bevor. Ein schmerzvoller Akt, der noch immer ohne Betäubung ausgeführt wird, obwohl es bereits Alternativen gibt. Marley schrie vor Schmerzen und musste diese Tortur durchleiden, da sein Fleisch womöglich den Ebergeruch annehmen würde, den wir Menschen ablehnen. Völlig verängstigt und unter Schmerzen leidend wurde er zu seiner Mutter zurückgebracht.

Nach etwa vier Wochen wurde Marley seiner Mutter entrissen und in einen speziellen Ferkelstall gebracht. Hier lebte er bis er etwa zwölf Wochen alt war. Seine Mutter wurde zurück in den Kastenstand gebracht. Auf 0,75 Quadratmetern fristete sie ihr namenloses Dasein [2]. Sie konnte sich kaum bewegen, denn viel mehr als einen Schritt nach vorne und nach hinten lies der Platz kaum zu. Sie lag auf einem perforierten Betonboden. Der einzige Ausweg aus ihrem Gefängnis war die erneute Besamung und zuletzt der Weg ins Schlachthaus.

Nach drei Monaten im Ferkelstall wuchs Marley als Mastschwein heran. Er wuchs viel zu schnell, sodass sein Körper dem rasanten Wachstum kaum standhalten konnte. Durch die schnelle Gewichtszunahme schmerzten seine Gelenke und durch den perforierten Betonboden verletzte er sich die Klauen. Sechs Monate vergingen, als Marley das erste Mal das Tageslicht sah, die frische Luft einatmete. Es sollte zugleich das letzte Mal gewesen sein.

Marley wurde mit seinen Artgenossen in große Tiertransporter gefercht. Dort war es viel zu eng und die Fahrt war viel zu lang. Er hatte schrecklichen Durst, doch nirgends konnte er diesen Durst stillen. Plötzlich stoppte der Wagen. Marley spürte schon jetzt, dass etwas nicht stimmte. Er roch die Angst, das Blut seiner Artgenossen. Er hörte ihre verzweifelten Schreie. Er wollte nicht weitergehen, sein Instinkt sagte ihm, dass das furchtbar falsch wäre. Er wehrte sich mit aller Kraft, doch es gab keinen Ausweg. Zusammen mit andere Schweinen wurde er in eine Kammer gebracht. Das Kohlendioxid durchströmte seine Lunge, er rang nach Atemluft, kämpfte, litt, doch da war nur das erbarmungslose Gas. Sein Körper gab auf. Seine Betäubung wirkte nicht wie sie es gesollt hätte.

Du genießt dein Leben in Freiheit, während du dein Schnitzel isst. Auch Marley hätte gerne gespürt, was Freiheit bedeutet. Er wäre gerne als ein Lebewesen wahrgenommen worden. Er hätte gerne mit seinen Artgenossen herumgetollt, denn er war noch ein Kind. Er hätte gerne die frische Luft eingeatmet, das Gras zwischen seinen Klauen gespürt und keine Schmerzen. Er hätte nicht sterben wollen.

Marley steht symbolisch für die 59 Millionen jährlich in Deutschland geschlachteten Schweine [3]. Hoch sensible, soziale und überaus intelligente Tiere,  denen wir ihr Leben und ihre Unversehrtheit für unseren Genuss auf grausame und unwürdige Weise rauben.

Wäre Marley als Hund geboren, wäre ihm all das erspart geblieben.

Doch sie alle wollen leben. Sie haben Gefühle. Sie alle können Schmerzen empfinden.

~ Respektiere jedes Leben. ~

 

[1] BMEL (2018) (Hg.): Landwirtschaft verstehen. Fakten und Hintergründe. Berlin, S.21
[2] BMEL (2018) (Hg.): Landwirtschaft verstehen. Fakten und Hintergünde. Berlin, S. 21
[3] BMEL (2018) (Hg.): Landwirtschaft verstehen. Fakten und Hintergründe. Berlin, S.20